Berufliche Singles – und warum sie in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert sind

„Eine letzte Frage habe ich noch: Wieso haben Sie mit Ihrem super Profil noch keinen Job? Woran liegt das?“

Der Personaler sah mich ehrlich interessiert an und versuchte herauszufinden, was der Grund war. Ich sagte, „Das ist genau so, wie wenn man eine schöne Frau fragt, warum sie denn keinen Freund hat“, aber eigentlich fing dieser Satz sofort an in mir zu gären.

Auf dem Heimweg hing es mir die ganze Zeit im Kopf. Nicht die Frage selbst, sondern die tatsächliche Antwort darauf: Weil ich nicht weiß, was ich will. Weil ich weiß, dass ich beruflich gerade nichts Festes will. Weil ich bewusst frei sein möchte und es mir schwer fällt, mich auf etwas einzulassen, wo ich doch gerade nur beobachten und Geschichten hören möchte.

Es ist doch so: Wenn wir sagen, wir möchten erst mal keine Beziehung, eine Weile lang Single und für uns selbst sein, schüttelt zwar unsere Oma enttäuscht den Kopf, ansonsten ist es aber von der Gesellschaft akzeptiert. Wenn wir sagen, wir möchten erst mal nicht beruflich fest und Vollzeit eingespannt sein, eckt man an – es sei denn, man ist gerade mit der Schule fertig geworden, Mutter geworden oder in der Midlife Crisis.

Gehört man diesen drei Gruppen an, kann man noch etwas Milde erwarten: „Naja, du bist ja noch jung“ / „Ja, wenn du einige Monate zuhause bist, wirst du schon wieder merken, was du an einem Job hast“ / „Ach ja, die Midlife-Crisis“.

Allen anderen – die, die sagen, „ich brauche jetzt einfach mal etwas Zeit für mich“ – wird mangelnde Zielstrebigkeit vorgeworfen oder einfach nur irritiert geguckt. Ich erinnere mich an die Aussage einer früheren Mitbewohnerin: „Also, ich könnte ja nicht einfach so zuhause rumsitzen.“ Als ob es zwischen Festanstellung und Zuhause-rumsitzen-und-in-die-Luft-starren nichts gibt.

Ich möchte hier niemandem einen Vorwurf machen – wir alle sind in irgendeiner Form auf der Suche nach Sicherheit. Der eine findet sie in seiner unbefristeten Festanstellung, der nächste in seiner Altersvorsorge und ein anderer in seiner Beziehung. Wir haben soviel Angst, unsere Sicherheit zu verlieren, dass es uns unruhig macht, wenn andere genau in diesem Bereich mit dem Motorrad aufs Drahtseil in 50 Metern Höhe gehen – oder gar mit dem Motorrad einfach vom Drahtseil wegfahren. Es erinnert uns daran, wie nah der Verlust unserer Sicherheit ist, wie dünn der Faden ist, an dem diese Sicherheit hängt, wie schnell er reißen kann.

Eine Lücke im Lebenslauf ohne akzeptierbaren guten Grund macht andere nervös. Weil sie denken, dass wir unzuverlässig sind. Dass wir planlos sind. Dass wir nicht wissen, was wir wollen und nicht zielstrebig darauf zulaufen. Dass wir fallen. Dass wir auf dem Boden landen.

Umso irritierender ist sie, wenn das vor der Lücke eine saftige grüne Blumenwiese im beruflichen Sonnenschein war. Wieso will jemand so Ambitioniertes und Talentiertes eine Pause? Warum findet er nicht direkt die nächste Blumenwiese? Oder warum findet er sie nicht direkt? Wo doch nichts über Blumenwiesen geht, und dazwischen nur ein dunkler Wald voller Bäume liegt?